Die Zusammenarbeit zwischen Übersetzer und Kunde
Übersetzungsbüros sind nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Kunden, sondern auch nach neuen Übersetzern. Ein Medium um neue, gute Übersetzer zu finden, sind diverse Plattformen, auf denen man nach Übersetzern mit unterschiedlichsten Eigenschaften und Referenzen suchen kann.
Viele dieser Plattformen bieten den Übersetzern aber auch Foren zum Austausch untereinander an, etwa wenn es Unklarheiten bei Übersetzungen gibt. Für Personen, die sich ständig auf der Suche nach neuen Übersetzern befinden, eignen sich diese Foren natürlich, weil man relativ einfach erkennt, welcher Übersetzer Ahnung von der Materie hat und welcher nicht.
Vor kurzem konnten wir eine Diskussion über den Satz: „die verarbeiteten Hochleistungs-LEDs bieten eine Leuchtkraft von 40 gewöhnlichen LEDs“ und die Übersetzung des Wortes „verarbeiteten“
Was sich in diesen Foren zuspielt, können nur die Leute, die live bei einer solchen Diskussion dabei waren, nachvollziehen. Unfassbare Szenen! Binnen Minuten kamen unzählige Vorschläge, manche brauchbar, andere weniger.
Ein Vorschlag war etwa „verarbeiteten“ mit „processed“ zu übersetzen. Der Klassiker sozusagen, der Standardvorschlag. Der in der Übersetzungsbranche häufig jedoch nicht passend ist. Wie auch in diesem Fall. LEDs sind keine Chemikalien oder Erbsen, die „processed“ werden.
Gemeinsames Erarbeiten ist von größter Bedeutung
Der interessanteste Punkt der Diskussion ist allerdings nicht, welche Vorschläge vorgebracht werden, sondern zwei ganz andere wichtige Punkte.
Zum einen wird absolut kein Kontext genannt. Zumindest der Satz davor könnte für Aufklärung sorgen. Möglicherweise wäre er sogar entscheidend für die Übersetzung.
Zum anderen wurde kein Versuch unternommen, den Kunden zu kontaktieren. Bei Unklarheiten, was mit einem Begriff gemeint ist, wie eine Abkürzung verstanden werden soll oder was auch immer, ist es geradezu fahrlässig, nur zu raten. Und mehr als raten können auch die anderen Übersetzer im Forum nicht. Der einzige, der wirklich Abhilfe schaffen könnte, ist der Kunde selbst.
Kein Außenstehender kann die firmeninterne Terminologie, die Gepflogenheiten und Sprache des Kunden so gut kennen, wie der Kunde selbst. Die besten Übersetzungen sind nicht einseitig vom Übersetzer bearbeitet, die besten Übersetzungen entstehen aus einer Zusammenarbeit des Übersetzers und des Kunden. Ein Miteinander, das Übersetzungen kreiert, die sich wie Originale lesen.
Zurück zum Problemfall
Der Vorschlag vieler Übersetzer im Forum war, dass „verarbeitet“ nur soviel wie „eingesetzt“ bedeutet. Eine Art Füllwort wie „entsprechende“ oder „resultierende“, das im Englischen durchaus auch weggelassen werden kann.
Der Übersetzer hat sich letzten Endes für „modified“ entschieden, ohne Rücksprache mit dem Kunden zu halten. Ob das dem Kunden recht war oder nicht, lässt sich leider nicht feststellen. Ein Spiel mit dem Feuer, von dem wir allen Übersetzern abraten, war es allemal.