Die ultimative Etikette für russische Touristen in Italien
Urlaubsorte auf der ganzen Welt sind auf Touristen angewiesen, die die Wirtschaft beleben und Geld in die Kassen der Hotels, Gastronomie und Ladengeschäfte spülen. Doch nicht immer lässt sich das Benehmen der Urlauber mit der Kultur des Reiseortes vereinbaren. Ein italienischer Hotelier stellte nun eine Etikette speziell für russische Touristen auf, die sich in seinen Augen oft „daneben benehmen“.
Der Ort „Forte dei Marmi“, der in der italienischen Toskana liegt, gilt als das Reisemekka für gutbetuchte russische Touristen. Nicht umsonst wird er auch als das „Moskau auf See“ betitelt. Salvatore Madonna, Hotelier der luxuriösen Hotelgruppe Soft Living Places, sieht jedoch zumindest Verbesserungspotenzial, wenn es um das Integrationsvermögen seiner Gäste aus Osteuropa geht. Damit ist er nicht allein. Der typische russische Tourist wird in vielen Ländern als
- unfreundlich,
- ohne Verständnis für andere Kulturen,
- hochnäsig und herablassend
beschrieben. Eine Definition, die sicher nicht ganz ohne Stereotypen auskommt. Und dennoch ließ es sich Madonna nicht nehmen, ein rund dreiminütiges Video zu veröffentlichen, das russischen Touristen helfen soll, „sich besser zu integrieren“. Die Frage ist nur, wie das Video von seinen Zuschauern aufgenommen wird und ob dies der richtige Weg ist, um für kulturelles Verständnis zu werben.
Die sechs Punkte der „Madonna-Etikette“ für russische Touristen
Die Etikette, die Madonna für die russischen Gäste seines Hotels entwickelt hat, basiert auf seinen eigenen Beobachtungen und denen seiner Mitarbeiter. Somit ist die Etikette zumindest teilweise sehr subjektiv und in manchen Punkten vielleicht sogar ein wenig herablassend oder zumindest belehrend:
- Die Gäste sollen weniger herablassend und arrogant agieren.
- Madonna empfiehlt seinen russischen Gästen öfter zu lächeln.
- Ein Dankeschön für Kellner und Bedienstete hat noch niemandem geschadet.
- Mini-Bikinis und High-Heels sind nicht für den Poolbereich geeignet – eine „praktische“ Badebekleidung wäre empfehlenswert.
- Angebereien, beispielsweise indem der teuerste Wein bestellt oder ein fast schon lächerlich großes Trinkgeld hinterlassen wird, gelten als vulgär.
- Cappuccino am Nachmittag ist die falsche Wahl, da dieser traditionell am Morgen getrunken wird. Latte Macchiato oder Espresso wären „richtig“.
Ist eine Etikette wirklich notwendig?
Mit dieser Liste wird schnell klar: Viele dieser Punkte sollten selbstverständlich sein. Auch wenn einige russische Touristen sich daran vielleicht nicht halten, so sind es jedoch sicher nicht alle. Wer die Etikette außerdem etwas genauer betrachtet und die russische Kultur kennt, wird zumindest bei einem Punkt aufhorchen:
- In Russland gilt es als unangebracht, fremde Menschen direkt anzulächeln. So muss dieses Verhalten (Punkt 2) nicht unbedingt als Unhöflichkeit gewertet, sondern vielmehr als kultureller Unterschied zwischen Russland und Italien gesehen werden.
- In Punkt 6 ist der Hotelier doch sehr kleinlich. Natürlich mag es sein, dass Cappuccino in Italien nur am Morgen getrunken wird. In anderen Teilen der Welt (auch in Deutschland, Österreich oder der Schweiz), wird das jedoch nicht ganz so eng gesehen – ein Punkt, der den russischen Touristen also nicht unbedingt zur Last gelegt werden kann.
Die Frage ist nun, ob tatsächlich der Großteil der russischen Touristen gegen diese Etikette verstößt, sodass dieses Werbevideo wirklich seine Daseinsberechtigung hat, denn die Folgen des Videos sind ungewiss. Passieren könnte nun Folgendes:
- Zukünftige russische Gäste halten sich an diese Etikette, weil sie sie nachvollziehen können.
- Russische Gäste besuchen die Hotelgruppe Soft Living Places nicht mehr und weichen auf andere Hotels aus.
- Russische Gäste boykottieren Italien als Reiseland.
- Alles bleibt wie es ist.
Auch, wenn die Absicht des Hoteliers war, für mehr Verständnis der italienischen Kultur zu werben, so ist es doch zumindest fraglich, warum ausschließlich der russische Gast angesprochen wird, denn: Eine Etikette ist durchaus legitim, nur sollte diese nicht nur für eine Personengruppe gelten. Deutschen oder englischen Touristen fehlt in vielen Fällen ebenso der Blick für die Kultur Ihres Reiseortes. Allerdings nicht immer – und für russische Gäste gilt das natürlich auch.