
Übersetzung von Speisekarten: Eine delikate Angelegenheit
Die Übersetzung von Speisekarten ist im wahrsten Sinne des Wortes eine delikate Angelegenheit. An Vorschlägen für dieses oder jenes Gericht mangelt es nur in den seltensten Fällen: vom internationalen Spitzenkoch bis hin zum Hobby-Grillmeister bieten eine Vielzahl an Experten Tipps und Ratschläge zur Übersetzung von rustikalen, angesagten, traditionellen oder veganen Speisen bis hin zu kreativen Geschmackskompositionen.
Die Kreativität muss jedoch in der Küche bleiben, auf der Speisekarte ist kein Platz für Interpretationen. Eine gute (fremdsprachige) Speisekarte bietet punktgenaue Übersetzungen. Kaum ein Gast wird eine Speise ordern, von der er keine Ahnung hat, worum es sich handeln könnte. Oder was noch schlimmer wäre: Der Gast bestellt eine Speise in der Hoffnung auf etwas Bestimmtes, und wird dann enttäuscht, weil es sich um etwas vollkommen anderes handelt als er erwartet hatte.
Was soll übersetzt werden, und wie soll es übersetzt werden?
Mitteleuropa, insbesondere Österreich, rühmt sich eines gewissen internationalen Rufes in puncto Kulinarik. Nicht nur die Hohe Küche ist in Österreich von außergewöhnlichem Niveau, auch die unterschiedlichen regionalen Köstlichkeiten sind längst bis weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Wie soll man einem internationalen Gast erklären, worum es sich bei Steirischem Kübelfleisch handelt, von Salzburger Nidei ganz zu schweigen.
Es gilt zu überlegen, in welchen Fällen der ursprüngliche Name einer Speise beibehalten werden soll, und in welchen Fällen eine Übersetzung dringend notwendig wird. Kübelfleisch ist wohl nur hartgesottenen Freunden der rustikalen Küche ein Begriff, während das Wiener Schnitzel oder die Sachertorte Begriffe sind, die überall auf der Welt (mit wenigen Ausnahmen natürlich) verstanden werden.
Und doch sollte man den Reiz der regionalspezifischen Ausdrucksweise nicht unterschätzen, denn Besucher einer südsteirischen Buschenschänke erwarten immerhin auch eine gewisse Rustikalität. Die vermutlich beste Lösung in strittigen Situationen ist also, nach der Bezeichnung des Gerichts eine klare und akkurate Übersetzung in der Zielsprache anzugeben, die dem Gast möglichst genau zeigt, worum es sich bei der Speise handelt.

Für wen soll die Speisekarte übersetzt werden?
Um dem Gast ein möglichst genaues Bild des Gerichts zu geben, reicht eine perfekte Übersetzung nach dem Lehrbuch aber nicht aus. Auch innerhalb von Fremdsprachen gibt es häufig regionale Unterschiede, weshalb im Vorfeld unbedingt abgeklärt werden muss, für welches Zielpublikum aus welchem Zielland die Speisekarte übersetzt werden soll.
Eine der beliebtesten Speisen weltweit – Pommes Frites – heißt im Englischen nicht Pommes Frites (das ist bekannt). Was auch vielen bekannt ist, ist die Tatsache, dass Pommes auf Englisch chips heißen. Das stimmt zwar teilweise (zumindest laut Definition im Schulunterreicht), ist aber nicht die volle Wahrheit. Im britischen Englisch sind Pommes Frites tatsächlich Chips. Im amerikanischen Englisch allerdings spricht man von french fries. Chips im Amerikanischen entsprechen unserem gleichnamigen Knabbergebäck.
Beispiele wie dieses gibt es viele, vom Zucchini (British English: courgette; American English: zucchini) bis hin zur Roten Beete (ein besonders schönes Beispiel, da die bundesdeutsche Rote Beete in Österreich Rohne genannt wird). Hier spricht man in den USA von beet, im Vereinigten Königreich von beetroot. Wenn das Zielpublikum eines Gastronomen also aus der USA stammt, ist es nicht sinnvoll von courgette zu sprechen, auch wenn es grundsätzlich absolut richtig wäre.